KOOKread, 15.12.2020: die dunklen Schichten der Gegenwart – Kriminalroman als Gesellschaftskritik

Die dunklen Schichten der Gegenwart Kriminalroman als Gesellschaftskritik 

mit Simone Buchholz, Johannes Groschupf und Susanne Saygin, Musik von Jakob Dobers 

Als Live-Stream aus dem ACUD-Studio, Beginn 20 Uhr.

Jeder gute Krimi muss politisch sein, hat der Noir-Pionier Jean-Patrick Manchette einmal postuliert. Auch heute geht es bei vielen ambitionierten Krimis um Macht und Korruption, um Gier und Gewalt, um Gewinner und Verlierer des globalen Kapitalismus. Vom klassischen Politthriller über die Geschichte von Drogenkartellen und Menschenschiebern, Gangkriegen und Wirtschaftskriminalität bis zum Kiez-Milieu nebenan.

In den letzten Jahren hat sich auch der deutschsprachige Krimi zunehmend zum Spiegelbild einer diversen Gesellschaft gewandelt. Zahlreiche Subgenres sind Ausdruck einer neuen Vielfalt: moderne Erzählformen, komplexe Milieustudien und Charakterschilderungen jenseits einfacher Whodunit-Formeln. 

KOOKread hat drei Autor*innen zu Lesung und Gespräch geladen, die auf sehr unterschiedliche Weise Kriminalromane als gesellschaftspolitische Spiegel konstruieren – als Echolote in die dunklen Schichten der Gegenwart. 

Die Romane von Simone Buchholz um die nur an der Oberfläche hartgesottene Staatsanwältin Chastity Riley (seit 2016 bei Suhrkamp) spielen meist im Hamburger Kiez. Kriminalfälle sind bei Buchholz Anlass, ein Gesellschaftspanorama im Kleinen zu entwerfen – witzig, traurig, rotzig und auch mal sentimental. Mit Hamburg als heimlicher Hauptfigur. 

Johannes Groschupfs „Berlin Prepper“ (Suhrkamp, 2019) erzählt die Höllenfahrt eines Online-Redakteurs ins Reichsbürger-Milieu. Die Dynamik von Hasskolumnen und Fake News im Netz zu offener Gewalt auf der Straße wird auf eindringliche Weise anschaulich gemacht. In Zeiten von AfD und rechtenVerschwörungstheorienein immer aktueller werdendes Buch. 

In Susanne Saygins Debütroman „Feinde“ (Heyne, 2018) ermittelt der türkischstämmige Polizist Can zu einem Doppelmord im Roma-Milieu. Es geht um Menschenhandel und das Schicksal derjenigen, die von der Gesellschaft nichts mehr zu erwarten haben. Der noch nicht erschienene zweite Band „Crash“ spielt in kriminellen Kreisen der Immobilienbranche.

Jakob Dobers ist ein Krimi-Kenner, in dessen Songs nicht selten Seltsames vor sich geht. Er veröffentlichte mit seiner Band Zimtfisch zwischen 1998 und 2003 vier Alben. 2004 erschien sein Kurzgeschichtenband „Falsche Russen im Buch“ (kookbooks). Dobers ist eine Hälfte des Urban-Folk-Duos Sorry Gilberto. 2020 erschien endlich sein erstes Soloalbum, „Der Rest vom Licht“ (Staatsakt). 

Weitere Infos zur Veranstaltung auch auf unser Facebook-Site.

KOOKread – Texte, Sounds, Diskurse: Eine Veranstaltungsreihe des unabhängigen Künstler*innen-Netzwerks KOOK e. V. Projektleitung: Alexander Gumz, Eric Schumacher. Künstlerische Leitung des Abends: Alexander Gumz. Moderation: Thekla Danneberg. Presse: Jutta Büchter (buechter@kookverein.de)

Mit freundlicher Unterstützung der Senatsverwaltung für Kultur und Europa. Präsentiert von taz.

Als Live-Stream aus dem ACUD-Studio Veteranenstraße 21 | 10119 Berlin | www.acud.de

Foto: Simone Buchholz (© Gerald von Foris)